Dezember 2004

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Nöel Akchoté: Sonny II
(Winter & Winter)

Das Soul-Jazz-Album „Memphis Underground“ war für den Flötisten Herbie Mann ein Riesenhit. Einer der Beteilgten hieß Sonny Sharrock, der Gitarrist. Doch „Memphis Underground“ ist nicht der Grund, weshalb der mittlerweile verstorbene Sharrock als der innovativste Gitarrist der Neuzeit gilt. Es war sein eigenartiger, an zerspringendes Glas erinnernder Sound, der ihn als maßgeblichen Gitarristen des freien Jazz etablierte. Zu den Gitarristen, die er beeinflusste, gehört Nöel Akchoté. Als Fan hat er die Bruchstücke der unter Sharrocks kraftvollen Saitenhieben zersplitterten Gitarrenpicks bei seinen Konzerten gesammelt und jetzt seinem Idol mit einem Soloalbum ein sehr persönliches, meist mit akustischer Gitarre eingespieltes Denkmal gesetzt.

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Jane Monheit: Taking A Chance On Love
(Sony Classical)

Allein das Cover: liebreizender Backfisch mit schnitigem Dekoltée und lasziv zurückgeworfener Haarpracht blickt versonnen in die Kamera. So, nur so, lässt sich Jane Monheit vermarkten, müssen sich die Marketingbosse ihrer Plattenfirma gedacht haben. So, aber auch als aalglatt im Vocal-Jazz-Trend mitschwimmendes Stimmwunder. Denn wer kauft schon Cover, wenn die Musik nicht stimmt. Die von Jane Monheit stimmt – und ist edel. Zweifelsohne. Mit einer gereiften Srtimme, die die Essenz der Songs herausfiltert, eingewickelt in einen wunderschönen Kokon aus Streichern, Bläsern und dezentem Swing, macht Jane Monheit Diana Krall große Konkurrenz – jetzt wo Letztere gewissermaßen rauhere Töne anstimmt.

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Marc Copland/ Greg Osby: Night Call
(Nagel-Heyer)

Nach „Round And Round“, ihrem viel gepriesenen Debüt, haben Saxofonist Greg Osby und Pianist Marc Copland wieder zum Duo zusammen gefunden – und dabei erneut den Standard ihrer Einspielungen unter eigenem Namen übertroffen. Eine fragile, klischeefreie, intensive und harmonisch variantenreiche zweier keimzellenforscher des modernen Jazz.

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Claudio Roditi: Light In The Dark
(Nagel Heyer)

Das Trio um Trompeter Roditi, Bassist Jean-Louis Rassinfosse und Pianist Klaus Ignatzek bringt auf ihrer neuen CD Licht in’s Dunkel. Was gar nicht nötig gewesen wäre, strahlen doch die romantischen Choruskreationen der Drei stets warm und hell am Jazz-Firnament. Balladen, Bossas Nova und Standards sind bei den dreien immer noch in guten Händen – und mit „Waltz For Mike“ ist nun auch die erste musikalische Verneigung vor dem großen Mann der deutschen Jazz-Geschichte, Mike Gehrke, auf CD verewigt.

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Eddie Gale: Afro Fire
(Intuition/Alive)

Für das legendäre BlueNote-Label nahm der Trompeter einst zwei LPs auf, die mittlerweile Kultstatus besitzen. Eddie Gale spielte in den Sechzigern bei Cecil Taylor, Larry Young und Sun Ra und führte deren musikalische Visonen in seiner Musik weiter zu einem Gebräu aus Afro-Mystik, Soul-Emphase und Avantgarde. Aufmerksam wurde die NUJazz-Szene auf ihn durch einen Eddie-Gale-Remix von Jazzanova. Dass muss Gale nachhaltig beeindruckt haben. Denn bei seinem Comeback-Album nach 35 Jahren Pause versucht er es mit Elektronik. Für eine Space-Jazzer eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Gales Trompete strahlt hier über einen funkelnden Kosmos aus House- und Breakbeats, Funk-Grooves und synthetischen Klangflächen. Musik ohne Scheuklappen, visionär, wenn auch die großen, zündenden Momente fehlen.

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Dr. Lonnie Smith: Too Damn Hot!
(Palmetto/SunnyMoon)

Der Doktor mit dem Turban ist wieder da. Weg war er nie, zuletzt spielte er in Lou Donaldsons Band. Doch unter eigenem Namen ist lange nichts mehr von dem großen Organisten der Blue-Note-Ära erschienen. „Too Damn Hot“ dürfte alle, die glücklich machen, die Smith von Rare-Groove-Samplern kennen. Begleitet von Peter Bernstein (Gitarre), Gerg Hutchinson (Drums), Fukushi Tainaka (Drums) und Rodney Jones (Gitarre) beackert Smith das Feld des Soul-Jazz mit funky Beats, gewagten Harmonien und psychedelischen Sixties-Sounds. Treffend der Titel des Albums: verdammt zu heiß.

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Toto/ Bona/ Lokua: Same
(Exil/Indigo)

Die Mitwirkung des Bassisten Richard Bona dürfte viele auf die falsche Fährte locken. Keine famosen, jazzigen Bass-Soli des als Jaco Pastorius-Nachfolger gehandelten Kameruners (wenn, dann nur selten) sind hier zuhören, sondern feine, lyrische Vokal-Musik, die eine Huldigung an die Stimme Afrikas ist. Das Trio aus Kongo, Kamerun und Martinique schafft es wundervoll harmonisiernde Song-Szenarien zu entwerfen, die von der Schönheit der afrikanischen Seele künden.

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Billy Cobham & Culturemix: Colours
(In&Out/In-akustik)

Die Zeiten des Stadion-Jazzrocks sind schon lange vorbei. Zeiten, in denen Billy Cobham nicht nur der schnellste war, sondern auch noch das größte Schlagzeug mit den meisten Toms hatte. Heute ist alles eine Spur kleiner. Das Schlagzeug, die Clubs, statt mit Michael Brecker oder George Duke spielt Cobham jetzt mit Musiker, die Per Gade oder Stefan Radermacher heißen. Das alles heißt aber noch nicht, dass Cobhams Musik jetzt schlechter geworden ist. Im Gegenteil. Der Muskelprotz der Fusion-Musik muss nicht mehr auf die große Pauke hauen. Es geht auch effizienter. Und es groovt dabei. Mit seiner Band verzichtet Cobham auf angestaubte Fusion-Klischees und sammelt Pluspunkte mit einem von Steeldrums geprägten Sound und dem feinnervigen Zusammenspiel der Musiker.

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Abdullah Ibrahim: A Celebration
(Enja)

Zum 70-ten Geburtstag war es denn soweit: Dollar Brand alias Abdullah Ibrahim erste Greatest Hits-CD erschien. Weil Jazzer aber bescheiden sind und keine Greatest-Hits-Compilation mögen, heißt die zwölf Songs umfassende Compilation auch „A celebration“. Das trifft es schon viel besser. Dabei sind die Melodien des großen Südafrikaners tatsächlich Ohrwürmer, Hymnen geradezu. Die Magie von Ibrahims Musik, dieses mystische Zusammenspiel aus gelassener Harmonik, dem Feuer der Jazz-Improvisation und afrikanischer Rhythmik, wird auf dieser CD erneut offenbar. Wer diese magischen Songs lange nicht gehört hat, wird ebenso fasziniert sein, wie diejenigen, die Songs wie „African Marketplace“ erstmals hören. Dass Ibrahim auch für junge Menschen bedeutsam sein kann, beweist eine parallel erschienene Remix-CD bekannter NUJazz-Beatbastler: gewagt und gut, auch wenn nicht jeder Remix einTreffer ist

Rezensionen von Tiga Schwope