Beruf: Jazzreferent oder „Wo ist eigentlich das Klavier?“

Seit dem 1.7.1994 ist Johannes Klose Jazzreferent des Landesmusikrates, offiziell als Bildungsreferent tituliert. Im Gespräch mit JazzScene gibt der 47-Jährige, der u.a. zwölf Jahre einen Lehrauftrag an der Hochschule für Musik und Theater inne hatte und in den 90er Jahren mit der Organisation der Jazzwoche mit Stargästen wie Herbie Hancock oder Diana Krall für Aufsehen sorgte, Einblick in seine Arbeit.

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Warst Du der erste Jazzreferent in Niedersachsen?

Niedersachsen ist das einzige Bundesland, das einen Jazzreferenten hat, weil die andere Landesmusikräte in Deutschland nicht über einen so großen Personalbestand verfügen. Meistens gibt es dann einen Referenten, der den Jazz mitbetreut. Hier aber verfügt der Jazz wie auch der Bereich Rock-Pop über einen eigenen Referenten. Der erste Jazzreferent bin aber nicht ich, sondern das war Manfred Sauga, der drei Jahre dieses Amt inne hatte und der jetzt Geschäftsführer des Landesmusikrates (LMR) ist.

Was war die Intention, für den Bereich Jazz einen eigenen Referenten zu benennen?

Man hatte festgestellt, dass in Niedersachsen gerade auch im musikpädagogischen Bereich im Jazz eine Menge los ist. Es gab viele Aktivitäten seitens der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Jazz und auch seitens der Musikschulen, die in den 80er Jahren ihre Popularmusik-Abteilungen aufgebaut haben. Der LMR und das zuständige Ministerium haben erkannt, dass im Jazz- wie auch im Rock-Pop-Bereich viel pädagogischer Bedarf besteht und deswegen Anfang der 90er Jahre diese Referentenstellen für Rock-Pop und Jazz eingerichtet.

Bedeutet der Umstand, dass andere Bundesländer keine Jazzreferenten haben, Niedersachsens Jazz-Szene ist denen anderer Bundesländer weit voraus?

Es spricht für die vitale niedersächsische Szene bzw. für das Erkennen und Erfassen pädagogischer Chancen. Andere Bundesländer kümmern sich nicht in der Intensität. Wir fahren hier Programme, die bundesweit Modellcharakter haben.

Was sind Deine Arbeitsschwerpunkte?

Gemäß meiner Arbeitsplatzbeschreibung betreue ich im Wesentlichen das Jugendjazzorchester Niedersachsen mit Namen Wind Machine. Hier habe ich zu gewährleisten, dass sich ausreichend Kandidaten melden, dass es Auswahlverfahren gibt, dass mit den ausgewählten Mitgliedern durchschnittlich zwei Arbeitsphasen sowie Einzelauftritte gemacht werden und gelegentlich auch getourt wird.

Tourneen in den USA und Russland klingen nicht nach gelegentlichem Touren.

In der Tat, der Aktionsradius ist schon recht weitreichend. Eigentlich versuchen wir, Arbeitsphasen in Niedersachsen abzuhalten. Wenn sich aber die Gelegenheit zu einer internationalen Zusammenarbeit ergibt, nutzen wir das auch. Auslandsaufenthalte sind für die Jugendlichen natürlich sehr anspornend. Und da das Jugendjazzorchester Niedersachsen auch als kultureller Botschafter des Landes unterwegs ist, wird es gerne entsandt, zum Beispiel in Partnerregionen Niedersachsens wie jene im russischen Permagebiet unweit des Urals.

Wind Machine ist aber nicht das einziges Thema des Jazzreferenten?

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist der Wettbewerb „Jugend jazzt“, der in den geraden Jahreszahlen durchgeführt wird. Im Jahr darauf werden die Preisträger mit Seminaren, Konzerten und mitunter mit Tourneen gefördert. Ich muss Partner finden, die diesen Wettbewerb durchführen. Wir verfügen bislang nur über schlichte Büroräume. Daher sind wir auf Kooperationspartner angewiesen, um allein schon Räumlichkeiten zum Musizieren zu haben. Das aber wird sich voraussichtlich in zwei Jahren etwas anders gestalten, wenn es dann eine Landesmusikakademie Niedersachsen in Wolfenbüttel geben wird mit hervorragenden Seminarbedingungen, nicht nur für den Jazzbereich.
Ein dritter Arbeitsbereich ist das Feld der internationalen Partnerschaften. Zu bestimmten Anlässen werden Musikensembles gewünscht; das können Workshops, Jam-Sessions und auch Konzerte sein, mit entsprechenden Proben vorab. Ein Beispiel ist das deutsch-polnische Jugendjazzorchester, eine musikalische Friedensmaßnahme gewissermaßen. Da steckt natürlich viel politischer Wille dahinter, den wir aber mit Freude erfüllen.
Mindestens die Hälfte meiner Arbeitszeit nimmt dieses Jahr der Niedersächsische Orchesterwettbewerb in Anspruch, der Ende Spetember in Bersenbrück über die Bühne geht. Als Wettbewerbsleiter habe ich den gesamten Ablauf zu gewährleisten. Da es dabei nicht um einen reinen Jazzwettbewerb handelt, bin ich über mein eigentlichen Kompetenzen hinaus gefordert.

Welche Kooperationen gibt es mit der Hochschule für Musik und Theater?

Generell arbeiten LMR und Musikhochschule komplementär miteinander, Die Hochschule kümmert sich um die Ausbildung der Musikprofis, der LMR hat sich die Aus-, Fort- und Weiterbildung des musikalischen Nachwuchses sowie die Laienkultur auf die Fahnen geschrieben. Allerdings gibt es bewusste Schnittmengen. Natürlich brauchen wir für eine gute Nachwuchsausbildung auch Profis, die die Dozentenschaft übernehmen. Auch sitzen in Laienwettbewerben in den Jurys nur Profis, die anschließend den Teilnehmern konkrete Arbeitshinweise und Beratungen geben. Auch machen wir mit Nachwuchsorchestern wie Wind Machine ein vorstudentisches Arbeiten. Eine solche Formation kann das Sprungbrett für ein späteres Studium sein.

Wo genau grenzt sich Deine Arbeit von der der LAG Jazz ab? „Jugend jazzt“ beispielsweise ist doch eigentlich ein LAG Jazz-Thema?

Die LAG Jazz war damals federführend bei der Einrichtung der Referentenstelle und ist ein Mitgliedsverband im LMR. Wenn ich also ganz konkrete Jazzarbeit mache, dann mache ich die in der Regel unter Zuhilfenahme der LAG Jazz. Sie hat eigene Projekte, die von ihrem Geschäftsführer betreut werden. Das sind „Jazz Art“, „JazzIN“, „Jazzmobil“ und auch „Jugend jazzt“. Allerdings handelt es sich hier um eine Kooperationsmaßnahme. LAG und LMR arbeiten fifty-fifty an diesem Thema. Das Projekt läuft zwar über die Bücher der LAG, die inhaltliche Arbeit aber mache ich. Der Grund ist: Ich habe eine Vollzeitstelle, der LAG-Geschäftsführer nur zwei halbe Tage.
Grundsätzlich sind die Referenten der verschiedenen Fachverbände Netzwerkgestalter, Katalysatoren und Schnittstelle zwischen denen, die die inhaltliche Arbeit machen und der Landesregierung oder potientiellen Geldgebern.

Ein Jazzreferent hat sehr viel mit Organisation zu tun. Wie schwer war für Dich der Umstieg vom Musikerdasein hin zum Verwaltungsjob?

Ich könnte mich natürlich fragen: „Was sitze ich in einem Büro, wo ich doch zwei Studienabschlüsse aufzuweisen habe, die mit schwarzen und weißen Tasten zu tun haben?“. Und anfangs, nach meiner Lehrtätigkeit an zwei Musikschulen, kam ich mir in meinem Büro schon etwas seltsam vor und habe mich gefragt. „Wo ist eigentlich das Klavier? Und wo bleiben die Schüler?“. Ganz so schwer ist mir aber der Umstieg letztlich nicht gefallen, ich hatte ja schon woher zum Beispiel bei der Abwicklung der Jazzwoche reichlich Erfahrung in Sachen Organisation sammeln können. Entsprechend schnell habe ich auch eine gewisse Routine entwickeln können.

Inwieweit hilft es als Jazzreferent dennoch, wenn man selber Jazzmusiker ist?

Musikalischer Sachverstand im Hintergrund ist immer nützlich. Vielleicht nicht gerade, wenn es darum geht, ein preiswertes Busunternehmen ausfindig zu machen, aber schon, wenn mich ein Dirigent fragt, wie er denn das nächste Konzert aufziehen solle, welche Solisten ins Programm passen würden usw. Auch Dozenten, Juroren, Solisten und Mitmusiker, die ich auszuwählen habe, merken oft schon am Telefon, dass sie es mit einem ihresgleichen zu tun haben und nicht mit einem reinen Verwaltungsmenschen. Vieles wird dadurch unproblematischer. Einmal habe ich sogar aktiv bei Wind Machine ausgeholfen, als für ein Konzert überraschend beide Pianisten abgesagt haben.

Interview: Karsten Wende, Jens-C. Schulze