Jazz over Hannover-Autor Tiga Schwope hatte Gelegenheit, sich ausführlich mit Harry Connick, Jr. zu unterhalten. Der Jazzer, Sänger und Schauspieler („Independance Day”) hat u.a. mit dem Soundtrack zur Komödie „Harry und Sally” von sich reden gemacht.
Jazz over Hannover (JOH): Ihre neue CD „Only You“ ist von Ihnen arrangiert, orchestriert und auch noch dirigiert worden. Eine Bigband, ihr Trio sowie Streicher waren involviert. Die CD klingt brilliant aufgenommen, die Band sehr kompakt. Das muss ihre Plattenfirma wohl viel Geld gekostet haben?
Harry Connick Jr. (HC): Nun, welche Plattenfirma hat noch genug Geld. Aber nein, darum ging es nicht. Um ein Projekt wie dieses zu realisieren, muss alles stimmen. Und da ich, wie gesagt, in die ganze Produktion vollkommen involviert war, war das mit dem Budget auch vollkommen okay. Es war auf jeden Fall eine riesen Herausforderung, dieses für mich einmalige Projekt zu realisieren.
JOH: Wie kam es dazu?
HC: Nun, es war Donnie Lerner, der damalige Präsident von Columbia Records, der mir den Vorschlag machte, doch Songs aus seiner Jugendzeit zu spielen. Es ist sehr lange her, in der Zeit als ich in Bars und Hotels in New Orleans spielte, dass ich Vorschläge, was ich zu spielen hätte, überhaupt annahm. Was auf meine Alben kommt, habe ich meist selbst entschieden. Und nun fragte mich jemand, ich solle doch mal Songs aus der goldene Jazz-Ära, der 50er und 60er-Jahre, interpretieren. Da konnte ich nur antworten: Ich denke darüber nach. Doch allmählich begann ich mich mit dem Vorschlag anzufreunden, überlegte, welche Stücke man nehmen könnte, wie man sie umarrangiert.
JOH: Haben Sie die Songs selbst ausgesucht?
HC: Zum Teil ja. Es ist eine Mischung aus meinen persönlichen Favoriten und Songs, die mir Freunde empfohlen haben, wie etwa mein Manager, der in den Fifties groß geworden ist.
JOH: Auf jeden Fall wird es eine Menge Arbeit von der Idee bis zur Realisierung gewesen sein?
HC: Da steckt sehr viel Herzblut drin. Die Arrangements, die Studioarbeit, das Feintuning haben sehr viel Zeit gekostet. Aber es hat sich für mich sehr gelohnt. Zudem war es wichtig, nicht ein stereotypes Swing-BigBand-Album aufzunehmen, sondern meine eigenen Ideen einzubringen. Es gibt also viele kleine Umdeutungen, eine andere Farbigkeit im Arrangement, um die Songs frisch zum Blühen zum bringen.
JOH: Sie verzichten teilweise auf das jazztypisches Swing-Feeling, bringen auch Backbeats ins Spiel, die eher an Funk-.und Pop-Musik erinnern, ohne den Charakter der Musik zu verwässern.
HC: Auch das gehört zu den kleinen Dingen, die man verändert hat. Auch ein Latin-Arrangment gehört dazu.
JOH: Eher untypisch ist der Song der alten New Orleans-Produzentenlegende Allen Touissant „All These Things“.
HC: Ich liebe diesen Song. Allen Touissant ist wirklich ein Meister und kommt wie ich aus New Orleans. Er ist zwar kein Jazzmusiker, aber er hat diesen Song 1962 geschrieben, sodass er doch in den Rahmen der CD passt.
JOH: Kennen sie Touissant persönlich?
HC: Nein, wir sind uns nie begegnet. Er hat immer noch sein berühmtes Studio und produziert weiterhin viel New Orleans-Musik.
JOH: Aber mit der Marsalis Familie sind Sie gut bekannt. Ihr letztes Album „Other Hours“, eine reine instrumentale Quartett-Platte, ist bei der Plattenfirma von Branford Marsalis erscheinen.
HC: Ich habe mal bei seinem Vater, Ellis Marsalis, Pianounterricht bekommen. Die Marsalis Family kenne ich seitdem ich acht bin. Und dass ich für Branford’s Label aufnehme, ist ein großer Segen für mich. Hier habe ich die Freiheit als Pianist meine Skills zu beweisen und auszuleben, während mein neues Projekt bei Columbia sehr geschlossen ist, stilistisch eine ganz andere Geschichte, wo ich als Pianist weniger in Erscheinung trete. Es ist sehr angenehm, wenn ich alle Seiten meiner musikalischen Sicht präsentieren kann.
JOH: Sie sind ebenfalls ein renommierter Schauspieler. Nehmen Sie auch in der Musik eine „Rolle“ an? Wenn Sie also eine Song wie „My Prayer“ von 1939 interpretieren, fühlen Sie sich dann in die Person eines Sängers aus dieser Zeit hinein?
HC: Nein. Ich bin Schauspieler und das lässt sich überhaupt nicht mit meiner Musikerkarriere vergleichen. Als Musiker spiele ich immer mich selber. Ich singe so wie ich es kann, wie ich es gelernt habe und ahme dabei niemanden nach. Es ist so wie ich immer geklungen habe, ob ich nun R&B, Blues oder Swing singe.
JOH: Wenn jemand nur Ihre neuer CD hören würde, würde er sie wahrscheinlich sofort in die Schublade „singt-wie-Frank-Sinatra“ stecken. Sie haben vorher aber auch schon Funk, BeBop, Soul, Blues gespielt. Nervt sie das?
HC: Das ist leider nun mal so. In Amerika denken sie: Das ist doch dieser Schauspieler. Dass ich Jazz singe und Piano spiele, wissen nur wenige.
JOH: Wie ist ihre Meinung von Norah Jones und von den vielen Neo-Jazz-Sängern wie Jamie Cullum, Pete Cincotti?
HC: Es ist klasse. Damit wird natürlich auch wieder Jazz, der ja nicht immer zu den Kassenmagneten zählt, in ein neues Licht gestellt. Norah Jones ist wirklich sehr talentiert. Sie macht ihr ganz eigenes Ding. Man hat nicht den Eindruck, sie würde dies nur des Erfolges wegen tun. Sie mixt Jazz mit Folk und Blues und es klingt sehr souverän, sehr klar und mit viel Charme. Und sie hat 16 Millionen Alben damit verkauft – das ist unglaublich.
JOH: Im Magazin Downbeat wurden Jazzstars von Kurt Elling bis Wynton Marsalis die Frage gestellt: Kann Elvis Diana als Künstlerin weiterbringen. Gemeint ist die Heirat des Popsängers Elvis Costello mit der Jazz-Sängerin Diana Krall. Sie wurden nicht gefragt. Zeit um dies nachzuholen.
HC: Jede gute Beziehung hilf einem als Künstler weiter. Meine Frau hat mir künstlerisch auch sehr weitergeholfen, obwohl sie keine Musikerin ist. Und klar ist auch, dass jede neue Beziehung, wenn sie frisch ist, Inspiration gibt. Aber wer bin ich, um sagen zu können, ob sie das weiterbringt? Ob es zwei Schritte vor oder zwei zurück sind? Das müssen die beiden wohl selber herausfinden.
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