Im Oktober 2005 startete der Jazz Club das Projekt „Jazz in School“, um sich einem jungen Publikum zu präsentieren. Das Projekt bietet Live-Musik, Instrumentenkunde, Musik-Workshops, gegenseitige Besuche im Club bzw. in den teilnehmenden Schulen und anderes mehr. Im Gespräch: Bürgermeister Bernd Strauch, Vorsitzender des Jazz Clubs und selbst Jazzmusiker.
Herr Strauch, welche Idee steht hinter „Jazz in School“?
Wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen ist es auch für den Jazz Club eine vorrangige Aufgabe von Älteren, Nachwuchs für ihre Sache zu finden. Wir haben sehr viele junge Menschen, die in den Jazz Club kommen und freuen uns über jedes neue Gesicht. Wenn man aber etwas über Jazzmusik vermitteln möchte, über ihre Strömungen, ihre Geschichte, vor allem auch die lokale Historie, dann muss man vom Lindener Berg hinabsteigen und dorthin gehen, wo junge Menschen sind. Da stehen natürlich Schulen an erster Stelle.
Wie ist „Jazz in School“ entstanden?
Der Bedarf und der Wunsch, sich mit der Jazzmusik auseinanderzusetzen, wird mittlerweile nicht nur vom Kultusministerium gesehen – in den Stoffplänen für den Musikunterricht steht auch das Thema Jazzmusik, das war früher nicht so –, sondern auch von den Schulen selbst. Wir bekommen seit einiger Zeit Anfragen hinsichtlich Jazz-AGs, in erster Linie von Gymnasien. Schon zu Lebzeiten von Mike Gehrke kamen regelmäßig Schüler in den Club und fanden es immer am faszinierendsten, wenn sie sich mit denen, die sie auf der Bühne erlebten, auch unterhalten konnten. Musiker zum Anfassen sozusagen. Da sind wir auf die Idee gekommen, wie so ein Projekt „Jazz in School“ aussehen kann. Indem eben eine Schule Bereitschaft zeigt, Zeit zu investieren und gemeinsam mit uns überlegt, was interessant zu dem Thema sein kann und wie man es im Unterricht darstellen kann. Wichtig dabei ist vor allem, dass Musiker als Lehrer fungieren. Der erste „Lehrer“ war Schlagzeuger Dennis Frehse, der über anderthalb Jahre mit unserer ersten Patenschule, dem Kurt Schwitters-Gymnasium in Misburg, eine Jazz-AG geleitet hat.
Sie sagten: „In erster Linie Gymnasien“. Ist Jazz eine Frage der Bildung?
Natürlich nicht. Deswegen haben wir in einem zweiten Schritt überlegt, müssen es immer nur Gymnasiasten sein? Können wir nicht auch Schüler für die Jazzmusik begeistern, die einen anderen Bildungsstand haben bzw. erwerben, die aber im Rahmen von Prävention mit Musik gute Erfahrungen gemacht haben? Schließlich haben wir uns beim Projekt „Fluxus – Musik in die Stadtteile“ beteiligt und hatten im letzten Oktober 100 Haupt- und Realschüler im Jazz Club. Gespielt hat der Saxofonist David Milzow mit seiner Band Screenclub, was sehr gut ankam. Seitdem gibt es eine Zusammenarbeit mit der Geschwister Scholl-Schule in Hainholz, wo David Milzow nun Workshops durchführt. Der nächste Schritt ging dann in die Region – so sind wir mit der KGS Sehnde zusammengekommen.
Es geht ja aber nicht nur um Workshops?
Es geht darum, Jugendliche generell für das Thema Jazz zu interessieren. Das Kurt Schwitters Gymnasium beispielsweise ist dabei, zusammen mit einem Jazz Club-Mitglied ein Buch über die Geschichte des hannoverschen Jazz zu erstellen. Der Jazz Club ist ja längst nicht der einzige, der Jazz anbietet. Hannover hat eine vitale Jazzszene, ist scheinbar historisch ein sehr gutes Pflaster für Jazz. Hier haben Jazzmusikerinnen und -musiker immer schon viele Möglichkeiten gehabt sich zu entwickeln. Erscheinen soll das Buch zum Wettbewerb „Winning Jazz“ im November.
Wird der Jazz Club nun mit Anfragen überhäuft?
Ich habe – wie gesagt – den Eindruck, dass der Wunsch zu einer solchen Kooperation in den Schulen schon immer da war, auch schon längst zu Zeiten Mike Gehrkes. Und jetzt, wo es das Angebot gibt, kommen entsprechend konkrete Anfragen, zuletzt von der Tellkampfschule. Sie bekommt eine neue Aula, die auch als Konzertstätte genutzt werden kann. Auch wenn wir nicht selbst dort als Veranstalter auftreten, so können wir beratend tätig werden. Unser Know- How geben wir gerne weiter. Auch im Hinblick auf den in zwei Jahren in Hannover stattfindenden große Bundesjugendjazzwettbewerb bieten sich Aulen als Spielstätte an.
„Jazz in School“ kann aber nur mit Hilfe von Sponsoren angeboten werden?
Ohne Sponsoren geht es nicht. Für das Projekt „Jazz in School“ hat uns vor allen Dingen die Gesellschaft der Freunde des Jazz geholfen.
Wenn Schüler Sie fragen: „Warum soll ich mich denn mit Jazz beschäftigen?“, was antworten sie da?
Ich habe einen 24-jährigen Sohn, der mich als Jugendlicher gefragt hat: „Papa, was machst du da für Musik?“. Ich habe dann zusammen mit ihm gewissermaßen eine Zeitreise zurück in die Musikgeschichte gemacht, über die Beatles in den 60ern, der Rock’n’Roll-Ära der 50er, den Swingkids in den 40ern usw. Die Erkenntnis dieser Zeitreise ist eindeutig: Egal, welche Musik – abgesehen von Klassik – man auch immer bevorzugt, die Wurzeln liegen eigentlich immer in der Jazzmusik. Das macht das Thema auch für Jugendliche spannend.
Interview, Foto: Jens-Christian Schulze